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PIN. YC Ankauf 730331879 - Interview mit Christian Doeller

Übergabe des Werks 730331879 an die Sammlung für Fotografie und Zeitgenössische Medien der Pinakothek der Moderne (PIN. YC Erwerbung 2023)

CHRISTIAN DOELLER I IM INTERVIEW

 

Wir freuen uns sehr, dass Christian Doeller (*1987) sich für uns die Zeit genommen hat, ein paar Fragen zu seinem Kunstschaffen zu beantworten! Lesen Sie hier die Antworten des Fotokünstlers, der sich in der Tradition der Generativen Fotografie verortet:

PIN.: Lieber Christian, was hat dich dazu bewogen, dich für Fotografie als Medium zu entscheiden?

Christian Doeller: Die Fotografie ist ein wichtiger Ausgangspunkt meiner künstlerischen Praxis und meiner Beschäftigung mit Wahrnehmungsprozessen und technischen Medien. Ich habe außerdem ein recht ausgeprägtes Interesse an Physik und Philosophie, das sich letztlich auch in meinen Arbeiten manifestiert. Vielleicht fasziniert mich die Fotografie deshalb nicht nur als dokumentarisches und erzählerisches Mittel, sondern vor allem auch als technisches System zur zweidimensionalen Übersetzung von Zeit und Raum. Mit Fotografien können wir Bildwelten erzeugen, die Perspektiven verschieben, uns genau hinsehen lassen und uns emotional berühren und beeinflussen. Gleichzeitig können diese Bildwelten nur im Rahmen der technischen Möglichkeiten existieren, die dem jeweiligen Apparat zugrunde liegen. Ich finde es spannend, die Eigenschaften und Grenzen dieser Möglichkeiten zu erkunden und sichtbar zu machen. Für mich steckt in diesem Ansatz nicht unbedingt eine »Desillusionierung« fotografischer Bilder, sondern vielmehr ein zu Wort kommen lassen der technischen Gegebenheiten, also gewissermaßen eine Art Dialog mit dem Medium selbst.

PIN.: Hast du künstlerische Vorbilder?

Christian Doeller: Es gibt viele tolle Künstler*innen, die mich in meiner eigenen Praxis inspirieren und die an dieser Stelle genannt werden müssten. Im oben beschriebenen Kontext - und vor allem auch hinsichtlich meines Studiums an der Fachhochschule in Bielefeld - kommt mir spontan die Generative Fotografie in den Sinn. Dabei handelt es sich um eine in den 1960er Jahren entstandene Richtung in der Fotografie, die programmatische Parallelen mit der frühen Computerkunst aufweist, oftmals kameralos praktiziert wird und allein auf der Grundlage technischer fotografischer Parameter operiert. Die Generative Fotografie wurde unter anderem durch Gottfried Jäger geprägt, selbst Fotokünstler und vor meiner Zeit Leiter des fotografischen Fachbereichs in Bielefeld. Sicherlich ist diese Strömung ein Vorbild und Wegbereiter meiner Arbeit.Außerdem denke ich an Positionen wie Steina und Woody Vašulka, die im Kontext von Kunst, Technologie und Wissenschaft eine dezidiert forschende, experimentelle und interdisziplinär angelegte künstlerische Praxis entwickelten. 

PIN.: Wie gewichtest du Innovation, Provokation und Ästhetik für dich?

Christian Doeller: Beim Lesen dieser Frage habe ich sofort den Impuls, eine mathematische Formel zu entwerfen und einen entsprechenden Algorithmus zu programmieren.

PIN.: Was bedeutet der Ankauf des PIN. YC für dich?

Christian Doeller: Das Bild ist vor etwa 13 Jahren entstanden und ich betrachte es nach wie vor als einen Grundstein meiner künstlerischen Arbeit. Ich bin davon überzeugt, dass es sich nicht zuletzt um ein wichtiges Bild für die Geschichte der digitalen Fotografie handelt, das in dieser Form nur einmal realisierbar ist.Daher freue ich mich riesig, die Arbeit an einen Ort zu übergeben, an dem sie wertgeschätzt, kontextualisiert, betrachtet und für eine unbestimmte Zeit aufbewahrt werden kann.


PIN. und die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen bedanken sich herzlich bei Sabine und Thomas Bachmaier für die großzügige Unterstützung.